Kapitel 10 - "Einheimische" (Unbearbeitet)

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Kapitel 10 - „Einheimische“


Ich begleite Collin zurück zu einer Gruppe, die nochmal etwa 100 Meter weiter den Strand entlang, am Waldrand auf uns wartet. Als wir ankommen, hat sich das Morgengrauen vom anfänglichen Bourdo-Rot zu einem grellen Orange-Gelb gewandelt.

Nicolas: „Hi Leute.“

Mein Kopf fühlt sich noch immer etwas benebelt an.
Eine Rothaarige Frau mit schulterlangem Haar beugt sich leicht zu mir rüber.

???: „Was ist los? Du wirkst irgendwie … weggetreten.“

Nicolas: „Huh? Ach es ist nichts.“

[Nichts worüber ich reden möchte!] Der besorgte Blick der Dame zeigt, das sie nicht überzeugt ist. Ich sollte das Thema wechseln …

Nicolas: „Ich bin übrigens Nicolas, falls sich jemand wundert.“

Eine Reaktion lässt nicht lange auf sich warten, der Mann zu meiner rechnet erwidert meinen Gruß als erster:

Collin: „Ich bin Collin!“

Er streckt mir die Hand entgegen und wir begrüßen uns per Handschlag.

Nicolas: „Ja, das habe ich mir schon Gedacht. Wir haben uns ja schon mal hier getroffen.“

Collin: „Ja, dort drüben!“

Er deutet auf einen Strandabschnitt, der ein ganzes Stück weiter entfernt ist. Die Stelle kommt mir tatsächlich bekannt vor, aber es ist schwer zu sagen, weil das Licht jetzt anders ist. [Ich könnte auf der Map nachgucken ...] Wenn ich dort schon mal war, müsste der Bereich auf der Karte aufgedeckt sein, aber so wichtig ist das im Moment nicht. Außerdem könnte Collin dann denken, dass ich ihm nicht glaube, ich will ihn nicht beleidigen.

Die Rothaarige, deren Besorgnis sich scheinbar verflüchtigt hat, stellt sich als nächstes vor:

Alina: „Und ich bin Alina!“

Auch sie reicht mir die Hand. Die Begrüßung per Handschlag wirkt ein wenig unangebracht, da wir alle uns heute eigentlich schon mehrmals gesehen haben.

Alina: „Aber das hast du vermutlich schon selbst herausgefunden.“

Ich hatte keine Ahnung.

Nicolas: „Klar! Du bist in jeder Gestalt unverkennbar!“

Obwohl meine Antwort absichtlich hochtrabend ist, scheint sie erfreut zu sein. Jetzt wo sie es sagt … Dieses Lächeln sieht ihrem doch sehr ähnlich, selbst mit diesem ungewohnten Gesicht. [Aber irgendwas stimmt nicht...]

Die Schwarzhaarige Frau neben ihr gibt mir nicht die Zeit darüber nachzudenken.

Elly: „Ellyson Hodges!“

Auch sie reicht mir die Hand.

Nicolas: „Oho, so formell ...“

Das Gefühl das bei Alina irgendwas fehl am Platz ist, lässt mich nicht los.
Ich wende mich, Gedanken vertieft, der nächsten Person zu …

Lindsay: „Lindsay.“

Schlicht und einfach. Sie gibt mir die Hand mit sichtbarem Unbehagen. Sie weiß offenbar dass es unangebracht ist, aber mittlerweile herrscht Gruppenzwang.

Nicolas: „Mailady ...“

Ich deute eine Spielerische Verbeugung an, woraufhin sie schmunzelt.
Wieder dieses beharrliche Gefühl, das an Alina etwas nicht so ist wie es sein sollte. Irgendwas an der Art wie sie Spricht. [Die Stimme? …] Aber das an sich ist nicht ungewöhnlich, wir haben hier alle andere Stimmen, als in der Realität. Warum fällt es mir an ihr so extrem auf?

Der letzte in der Runde ist ein Mann, der bis jetzt einige Schritt entfernt mit dem Rücken zu uns stand und in den Wald spähte.

Er dreht sich halb um und hebt grüßend die Hand.

???: „Yo, Nic'“

Und schon ist seine Identität kein Geheimnis mehr.

Nicolas: „Sammy, dich erkenne ich auch überall!“

Das bohrende Unbehagen in meinem Hinterkopf wird zunehmend intensiver und aufdringlicher. Ich weiß das es nicht nachlässt, ehe ich eine Antwort auf dieses Rätsel habe. Ihre Worte klingen immer wieder wie ein Echo in meinem Kopf: „Was ist los?“, „Ich bin Alina.“, „Du wirkst irgendwie … weggetreten.“, „Das hast du vermutlich schon selbst herausgefunden.“

Und plötzlich schlägt es ein, wie ein Blitz: [Es ist der Akzent!] Sie hat ihren russischen Akzent nicht mehr! Jetzt wo es mir auffällt ... Tamirat hatte seinen afrikanischen Akzent auch nicht. Die ganze Begegnung mit ihm war so sonderbar, das ich nicht darauf geachtet habe. Alle sprechen perfektes Englisch. Interessant, dass das System so etwas wie Gestik, Körperhaltung, oder sogar ein Lächeln fast perfekt imitieren kann, einen Akzent aber nicht. [Andererseits …] Vielleicht ist das aber auch beabsichtigt, um die reibungslose Kommunikation zwischen den Spielern zu gewährleisten. Wenn dem so wäre hieße das, dass ein Akzent vom System absichtlich in eine sauber gesprochene Form transformiert wird. Auf höherer Ebene könnten auf diese Weise vielleicht sogar Sprachen direkt übersetzt werden. Vielleicht ist U.T.O.P.I.A. Dazu sogar in der Lage …

Sammy: „Yo, man! Alles frisch? Du starrst mich voll an, alter!“

[… Für Slang scheint diese Regelung auf jeden Fall nicht zu gelten ...]

Nicolas: „Ah, sorry, ich hab nur kurz über etwas nachgedacht. Was sagtest du eben?“

Sammy: „Ich sag', wir sollten los, wir haben nicht mehr viel Zeit.“

Er macht eine Geste, als ob er auf eine Armbanduhr zeigen würde.

Nicolas: „Wie lange haben wir noch, bis wir ausloggen müssen?“

Collin: „Eine halbe Stunde ungefähr.“

Nicolas: „Ok, dann los!“

Elly: „Sagt der, auf den alle warten mussten.“

[Autsch!]

Alina kichert Schaden-freudig.

Ich blicke mich nochmal um. Kleine Nebelschwaden bilden sich auf der Wasseroberfläche, nahe der Ufer. An einigen Stellen mehr als an anderen. Der Helligkeit nach zu urteilen wird sich die Sonne bald über den Bäumen erheben, aber das werden wir im Wald wohl nicht mitbekommen. Der Himmel ist nach wie vor wolkenlos und die farbenfrohen Schleier verschwinden allmählich, zusammen mit den Sternen, die sie schmücken.

Ein idyllischer Ort.


   Der Pfad, auf dem wir unterwegs sind, ist schmal und gewunden. Wir sind gezwungen hintereinander zu gehen, was es schwer macht sich zu unterhalten. Ich bin der Letzte in der Reihe, vor mir ist Lindsay.
Es ist mir schon früher aufgefallen, aber jetzt, wo ich sie in einem Körper sehe, der ihrem Echten nicht im geringsten ähnelt, fühle ich mich bestätigt: Wenn es um Eleganz und Grazie geht, kann sich niemand aus unserer Gruppe mit ihr Messen, nicht mal Alina, obwohl sie sich sehr bemüht. Während Alina und sogar die Fitness-erfahrene Elly vor ihr gelegentlich stolpern, strauchelt Lindsay nur selten. Sie schwebt in ihrem wiege-Schritt zwischen den Büschen und Farnen, als wäre sie hier zuhause, stets ihres eigenen Körpers bewusst. Alle ihre Bewegungen sehen so natürlich und geschmeidig aus, das es ein vergnügen ist ihr zuzuschauen. Das, und ihre distanzierte Art, lässt mich in ihr immer so was wie eine „Adelstochter“ sehen, eine Art angehende Prinzessin. Ich weiß im Grunde nicht viel über ihre Familie, außer das sie reich ist und in England lebt. Obwohl der Name, „Rogers“, nicht besonders Adelig klingt, habe ich von anderen gehört, dass sie „Aristokraten-Blut“ hat.

[Autsch! …] Ich bin jetzt in den letzten 10 Minuten 5 Mal gestolpert. Vielleicht sollte ich mehr auf den Weg achten, als auf ihre rhythmische Hüftbewegung … [Leicht gesagt!]

Ich richte mich wieder auf und schaue mich dabei in meiner Umgebung ein wenig um. Das zunehmende Licht verleiht dem Wald immer deutlichere Konturen und die fremdartigen Pflanzen sind immer klarer zu erkennen. Die Flora hier hat einen eindeutigen Fantasy-Tatsch, aber alles in allem herrscht die Atmosphäre eines ganz normalen Waldes.

Lindsay bleibt einige Schritte entfernt stehen und schaut sich nach mir um. Ihr Gesicht dabei ist so Ausdruckslos, das es schwierig ist zu erraten was sie denkt.

Nicolas: „Mir gehts gut, ich hab mich nur dreckig gemacht.“

Ich klopfe mir den kaum vorhandenen Staub von meiner Hose, so als ob das der Grund dafür wäre, das ich stehen geblieben war. Es kommt mir vor als ob die Luft wärmer geworden ist. Das könnte mir aber auch nur so vorkommen, weil wir in Bewegung sind.

Elly: „Ich glaube, wir sind bald da!“

[Wo, „da“?] Wie können wir bald da sein, wenn wir nicht mal wissen, wohin wir gehen?

Ich schließe wieder zur Gruppe auf und nach einigen Schritten merke auch ich, das die Bäume sich langsam lichten. Allmählich wird eine Wiese sichtbar. Als wir schließlich den Wald verlassen, erstreckt sich vor uns ein Tal, mit Feldern und einem kleinen Dorf.

Ungeachtet der Größe wirkt der Ort recht lebhaft: Ich sehe eine Schar von Kindern, die an der Mauer Spielt, einige beschäftigt aussehende Frauen die mit Eimern und Körben beladen über den Dorfplatz schlendern und ein paar Marktstände, die ebenfalls auf dem Dorfplatz aufgestellt sind. Außerhalb des Dorfes arbeiten einige Männer auf den Feldern und ein junge Bursche hütet eine Herde von Tieren, die wie übermäßig behaarte, braune Büffel aussehen… Um Details zu erkennen, sind wir zu weit weg. Das Dorf ist von einer Palisade umgeben und hat einen Wachturm, was vermuten lässt, das es hier auch aggressive Kreaturen gibt.

Eine unerwartete Szenerie.

Alina: „Whoaaa … Das sieht total echt aus!“

Sammy: „Mein Kumpel hat da wirklich nicht übertrieben!“

Elly: „Die Leute auf dem Feld, die spielenden Kinder … Das sieht so authentisch aus.

Collin: „Am besten finde ich die Dorfbewohner mit den langen Bärten.“

Er deutet dabei auf das Dutzend stark behaarter Büffel und wir lachen alle.

Nicolas: „Der Länge der Bärte nach zu urteilen, sind das wohl die Dorfältesten.“

Lindsay: „Da kommt noch jemand.“

Wir schauen alle zuerst zu Lindsay und dann in die Richtung in die sie blickt.
Zu unserer Rechten kommt ein Mann, eindeutig einer von uns, auf uns zu. Er geht zügig am Waldrand entlang. Als er näher kommt, erkenne ich ihn an dem starren Blick.

Alina: „Wer ist das?“

Ich schweige. Ich möchte das sie in den selben Genuss seiner mysteriösen Art kommen, wie ich.

Elly: „Der sieht ein wenig … „freaky“ aus, ist das echt einer von uns?“

Ich sehe Sammy lächeln, aber er sagt nichts. Er hat ihn wohl auch erkannt. Als er fast bei uns angekommen ist, will ich ihn als erster begrüßen, aber …

Sammy: „Yo, Träumer!“

Offenbar hatten die beiden schon das Vergnügen. Tamirat hebt grüßend die Hand.

Tamirat: „Ich grüsse euch, Fremde.“

Alina: „Tamirat? Bist du das?“

Er nickt und sie atmet erleichtert auf. [Als ich ihn danach gefragt hatte, hat er mir widersprochen …] Vielleicht traut er Alina nicht zu, es zu verstehen. In dem Fall sollte ich mich wohl geehrt fühlen.

Alina: „ ... Phuh, für einen Moment hast du mir echt einen Schrecken eingejagt!“

[Das war Taktlos …]

Tamirat: „Ist meine Erscheinung so furchteinflössend?“

Alina: „Ah, so hab ich das nicht … ähm, es ist nur, wegen … naja, weil ...“

Sie gerät langsam in Panik.

Sammy: „Es ist, weil du so guckst!“

Deutlicher und unsensibler hätte man es nicht sagen können …

Tamirat schaut sich leicht verwundert um. Dabei bewegt er zuerst seine Augen und dann den Kopf. Die Bewegungen wirken leicht mechanisch. Es ist aber nicht nur nur das, sondern auch die Art wie er geht. Er bewegt seinen ganzen Körper nicht so intuitiv, wie die Anderen, sondern sehr kontrolliert. Plötzlich wird mir auch der Grund dafür klar.

Nicolas: „Du bist es nicht gewohnt, deine Augen zu benutzen ...“

Das ist mir jetzt einfach so raus gerutscht. Tamirat und die Anderen schauen mich überrascht an, als sie scheinbar versuchen zu begreifen, was ich damit meine. Während ich überlege, wie ich mich da raus rede, kommt Collin mir zuvor.

Collin: „Wie dem auch sei … es wird langsam Zeit.“

Einige der Anderen öffnen ihr Menü, um auf die Uhr zu schauen. Ich tue es ihnen gleich. [Uns bleibt weniger als eine Minute.]

Nicolas: „OK, dann sehen wir uns gleich draußen.“

Sammy: „Wir treffen uns in der Kantine!“

Typisch für ihn so was einfach zu beschließen.

Vor dem Ausloggen lasse ich meinen Blick noch über die, mittlerweile recht hell erleuchtete, Umgebung schweifen. Die Gestalten um mich herum verschwinden einfach, völlig unspektakulär, einer nach dem Anderen. Etwas enttäuschend, ich habe irgend einen grafischen Effekt erwartet. [Es wird zeit, das ich auch gehe.] Ich öffne widerwillig die Menüseite für Mod-Support, wie erwartet findet sich dort, gut sichtbar, der 
{Ausloggen} Button.

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[… Ja …]

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